Wirtschaft & Klimawandel

Veröffentlicht von sferrazleite am

Kreislaufwirtschaft ist ein Konzept, wie wir miteinander produzieren und konsumieren können ohne, dass das zu Lasten der Umwelt oder zukünftiger Generationen geht. Die Idee ist eigentlich simpel, aber die Umsetzung schwierig: Statt Rohstoffe der Erde zu entnehmen und Konsumiertes in einer Deponie zu verstauen oder zu verbrennen, wird in einer Kreislaufwirtschaft durch geeignete Entsorgung neuer Rohstoff für Produkte gewonnen. Das betrifft aber nicht nur das Recycling von Materialien. Das Problem ist größer, denn auch Energiegewinnung ist in einer Kreislaufwirtschaft nachhaltig.

Linearwirtschaft

Lasst uns kurz darüber nachdenken wie unsere Wirtschaft im Moment arbeitet. Rohstoffe werden im großen Stil aus der Erde entnommen. Das können Erdöl oder Erdgas, aber auch seltene Erden, wie man sie zum Beispiel für ein Smartphone braucht, sein.

Die Rohstoffe werden dann weiterverarbeitet bis ein Produkt entsteht. Unser Lebensstil, und somit auch unsere Wirtschaft, ist darauf ausgelegt Produkte zu verbrauchen. Alles hat ein Ablaufdatum. Und bei den meisten Waren entwickelt sich der Markt zu eher kürzerer Nutzung hin. Überlege einmal wie alt dein Smartphone ist? Die Produktentwicklungszyklen sind kurz, man bekommt oft alle zwei Jahre vom Mobilfunkanbieter ein neues Telefon, und entsprechend werden die Geräte auch nicht auf lange Haltbarkeit hin designt.

Kleidung wird heute auch häufig nicht mehr repariert. Schuhe vom Discounter halten meiner Erfahrung nach oftmals nicht einmal lange genug um die gesetzliche Gewährleistung zu überdauern. Dafür gibt es sie schon um 20 oder 30 Euro – eine Reparatur lohnt sich da nicht. Die Ware ist darauf ausgelegt entsorgt und durch ein neues Paar ersetzt zu werden.

Das berüchtigte – bald ja verbotene – Plastiksackerl. Praktisch ist es schon – und auch sehr billig! 15 Cent? Da kann ich gerne einmal meines zu Hause liegen gelassen haben. Macht ja nichts, ich kann mir ein neues kaufen. Und was mache ich dann mit 20 Plastiksackerl, die ich nicht brauche?

Es ist einfach so, dass viele Produkte so billig sind, dass es leicht ist sich die Bequemlichkeit und den Luxus zu leisten, sie nicht sehr lange zu nutzen. Und obendrein kostet die Förderung von Rohstoffen aus der Umwelt oft viel weniger als das Recycling. Oft gibt es auch gar keine Möglichkeit sinnvoll zu recyclen. Und das alles ist ein Problem. Denn bequem und günstig mögen wir irgendwie alle. Ich ja auch.

  1. Rohstoffe werden der Natur entnommen
  2. Waren werden damit produziert
  3. Waren gelangen in den Handel
  4. Nach Ge- und Verbrauch wird an einen Entsorger weitergereicht
  5. In aller Regel wird der Abfall verbrannt oder deponiert

Der ursprünglich der Natur entnommene Rohstoff ist nicht mehr nutzbar. Man spricht von Linearwirtschaft. Wir nehmen etwas, dass es nur in beschränktem Umfang gibt und einige Zeit später haben wir es dann verbrannt oder anders unnutzbar gemacht. Klingt nach keiner guten Idee. Vor allem nicht nach einer Idee, die unsere Nachfahren auch noch unbeschränkt verfolgen können.

Warenflüsse und Problemdimension

Zweifellos ist es so, dass unsere Wirtschaft zumindest teilweise wie oben dargestellt als Linearwirtschaft arbeitet. Aber wie groß ist das Problem wirklich? Schließlich recyceln wir ja auch eine ganze Menge im Haushaltsmüll. Und Industriebetriebe haben ja auch ein wirtschaftliches Interesse daran ihre Rohstoffe wiederzuverwerten, oder?

Eine Studie aus dem Jahr 2015 – veröffentlicht im Journal of Industrial Ecology –, schätzt folgenden Zustand für die Weltwirtschaft 2005: Materialflüsse insgesamt – 62 Milliarden Tonnen. Davon 58 Milliarden Tonnen aus neu gewonnenen Rohstoffen. Damit bleiben nur ca. 6% aus recycelten Rohstoffen. Eine andere sehr interessante Größe: 44% der Materialflüsse dienten ausschließlich der Energiegewinnung. Das sind im Grunde genommen, so wie wir derzeit wirtschaften, also fossile Rohstoffe. Und diese kann man nicht recyceln. Selbst wenn wir also alle unsere Produkte des täglichen Konsums zu 100% recyceln würden, würde immer noch fast die Hälfte unserer Wirtschaft vom Prinzip her schon auf das einmalige Verbrennen von etwas aufbauen, von dem es nicht beliebig viel gibt. Unsere Wirtschaft baut fundamental auf einem Prinzip auf, von dem wir wissen, dass es ein Ablaufdatum hat. Und auch wenn man jetzt berechtigterweise fragen kann, wann uns denn die fossilen Rohstoffe ausgehen: Ich glaube der genaue Zeitpunkt ist nicht wichtig, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, egal ob uns die fossilen Rohstoffe in 10, 50 oder 200 Jahren ausgehen – sie werden uns ausgehen. Und wenn wir uns bis dahin nicht genau überlegt haben, wie wir stattdessen wirtschaften können, wird das eine Katastrophe globalen Ausmaßes sein.

Klimawandel

Zweitens, ist das Ablaufdatum für die fossile Energie als Grundlage unserer Wirtschaft viel viel früher, als wenn uns das Öl ausgeht. Was wir nämlich bisher nicht in die Rechnung einfließen lassen: Wir verbrennen nicht nur die Rohstoffe, sondern unsere Umwelt gleich mit. Und nein, da diskutiere ich jetzt einmal nicht. Der Klimawandel ist vom Menschen wesentlich mit verursacht. Und die ungebremste Emission von CO2 in unsere Atmosphäre ist ein treibender Motor eben dieses Klimawandels. Wir haben also gar keine Zeit zu warten bis uns das Öl ausgeht. Wir müssen jetzt unsere Wirtschaft grundlegend umstellen. Die Energiewende, weg von fossilen Rohstoffen und hin zu erneuerbaren Quellen, muss als das Fundament für eine nachhaltige Wirtschaft verstanden werden. Denn wenn das nicht gelingt, dann wird uns auch das beste Recycling-System nicht viel nützen. Zur Erinnerung: 44% der Materialflüsse weltweit dienen der Energiegewinnung. Das ist fast die Hälfte.

Maßnahmen

Ich wünschte ich hätte auf die Frage, was man da jetzt tun soll, eine einfache Antwort. Habe ich aber nicht. Es gibt viele Ideen, von denen manche eher abenteuerlich, aber andere auch sehr vielversprechend sind. Ich fürchte allerdings eine einzelne Maßnahme wird auf keinen Fall für sich alleine genügen. Also zum Beispiel der vollständige Umstieg auf Elektromobilität, oder das Verbot von Plastiksackerln, oder der Verzicht auf Klimaanlagen, oder das Umstellen des Lebensmittelkonsums auf nur noch regionale Bio-Produkte, oder gar Ideen aus dem Bereich des Geoengineering. Und meine Empfehlung ist: Wenn einer behauptet die Lösung für das Klimaproblem zu haben, sollte man der Behauptung unbedingt mit großer Skepsis begegnen.

Damit will ich aber keineswegs andeuten, dass die oben genannten Maßnahmen sinnlos sind. Jede einzelne für sich bringt nicht viel, aber zusammen können sie einen großen Unterschied machen. Und da ist auch schon ein extrem wichtiges Stichwort: zusammen. Wir werden die Weltwirtschaft, und um die geht es, nur alle zusammen verändern können. Nur alle zusammen können wir einen nachhaltigen Lebensstil für die Welt erarbeiten. Das geht nicht im Alleingang Österreichs, und auch nicht im Alleingang der EU. Aber es geht auch nicht ohne uns und schon gar nicht ohne den Beitrag jedes Einzelnen.

Was heißt das jetzt konkret? Das heißt, denke ich, vor allem, dass wir nicht mit dem Finger auf andere zeigen sollen. Es sind nicht „die Unternehmer_innen“ schuld, und auch nicht „die Konsument_innen“. Und auf „die Chinesen“ , „die Amerikaner“ oder „die Inder“ zu verweisen, weil sie ja eh den meisten Dreck verursachen, befreit uns auch nicht von unserer Verantwortung. Wir in Österreich können konkret etwas tun um unsere Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.

CO2 Steuer

Die ungebremste Emission von CO2 in unsere Atmosphäre ist ein treibender Motor eben dieses Klimawandels. Der Preis für den Ausstoß von CO2 wird im Moment nicht oder nur unzulänglich bezahlt.

Wirtschaft funktioniert nach dem Prinzip, dass die Unternehmer_innen versuchen innerhalb der gegebenen Spielregeln Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die dann von Konsument_innen um einen gewinnbringenden Preis angenommen werden. Und die Spielregeln sehen derzeit einfach keinen Preis für den Ausstoß von CO2 vor. Zusätzlich ist das nachhaltige Arbeiten häufig komplizierter und damit auch kostenintensiver als das Arbeiten mit frischen Rohstoffen aus der Erde. Wir können also im Grunde genommen durch zwei Ansätze die Warenproduktion verändern.

Als Konsument_in bewusst Verantwortung übernehmen – auch im Angesicht eines höheren Preises

Eine kurze Klarstellung vorneweg: Ich halte das bewusste Konsumieren für extrem wichtig. Aber bleiben wir einmal realistisch. Sagen wir ich bin nach einem langen Arbeitstag auf dem Weg nach Hause. Ich bin geschafft und müde, habe den Tag über viel geleistet und muss jetzt noch einkaufen und dann Abendessen für meine Kinder kochen. Wenn ich den Supermarkt betrete, ist die Chance hoch, dass ich kaum noch Energie habe. Ich muss an die Haushaltsplanung und mein finanzielles Budget denken. Und im Idealfall eben zusätzlich auch noch umfassende Recherche zu Herkunft und Herstellungsverfahren sowie Umweltverträglichkeit der Waren betreiben. Und dann muss ich noch die Frage beantworten, wie viel mir die Umwelt dann in Geld wert ist. Immerhin arbeite ich hart und will auch zumindest etwas Kaufkraft übrig haben um mit meinen Kindern schöne Erlebnisse zu haben und auch etwas ansparen zu können. Transparentes und einfaches Ausweisen auf den Verpackungen hilft mir dabei zu entscheiden, aber die Rechnung ist sehr komplex. Und ich weiß oft nicht genau was die Gütesiegel bedeuten und ob ich ihnen trauen kann. Ich will ganz ehrlich sein: Ich bin wohl damit überfordert ein ideal kluger, umsichtiger und verantwortungsvoller Konsument zu sein, der immer ethisch perfekt handelt. Das schaffe ich einfach nicht. Trotzdem, ich gebe mir durchaus Mühe, und das ist auch wichtig so.

Aber wir können noch etwas anderes tun. Wir können die Spielregeln so verändern, dass der Markt sich anpasst.

Die Spielregeln ändern – CO2 mit einem Preis versehen

Das ist der politische, der gesetzliche Hebel den wir haben. Wir können die Spielregeln anpassen. Das hat dann natürlich auch Auswirkungen auf uns alle. Einzelne Produkte werden vermutlich erst einmal teurer, und es wird wohl eine Weile dauern bis die Wirtschaft sich auf kostengünstige Alternativen umgestellt hat. Da brauchen wir uns nichts vormachen. Aber durch eine CO2 Steuer würden wir die Spielregeln für alle transparent und nachvollziehbar – und wie ich finde auch aus sehr gutem Grund – verändern. Und obwohl man aufgrund der Komplexität von Wirtschaft nicht mit Sicherheit sagen kann, dass die Steuer den erhofften Effekt bringt, scheint die Wirksamkeit der Idee sehr plausibel zu sein. Viele andere Länder wie zum Beispiel Frankreich, Portugal, Schweden und Australien haben eine CO2 Steuer bereits umgesetzt. Und sehr viele Expert_innen sind der Meinung, dass dies ein wichtiger und richtiger Schritt ist.

Erst unlängst hat das Wall Street Journal eine Erklärung von 3500 Ökonomen – darunter auch 27 Nobelpreisträger – veröffentlicht. Darin heißt es: Eine solche Steuer sei „der kosteneffektivste Hebel, um Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren“. Und auch der IWF hält die CO2 Steuer für eine sehr sinnvolle Maßnahme.

Wir erhoffen uns davon folgende positive Effekte:

  • Eine Verringerung von Treibhausgasemissionen
  • Eine Verringerung von Umweltschäden
  • Innovationsanreize für emissionsfreie Energie und Produktion
  • Zusätzliche Einnahmen, die zum Beispiel genutzt werden können, um Erwerbseinkommen, also Arbeit, steuerlich zu entlasten

Meine Position: Ja, wir müssen Emissionen in unsere Umwelt besteuern. Ja zur CO2 Steuer – und zwar jetzt.

Recycling

Jetzt habe ich viel über die Energiewende und CO2 geschrieben, aber Recycling ist für eine Kreislaufwirtschaft natürlich genauso wichtig. So wie es auch wichtig ist, dass wir darauf bestehen, dass Waren nicht als Wegwerfprodukte designt werden.

Schauen wir uns einmal die Situation am Beispiel Plastik an: Bis 2015 hat die Menschheit rund 6,3 Mrd. Tonnen Kunststoff zu Abfall gemacht. Davon wurden ca. 9 % recycelt. Weitere 12 % sind mehr oder weniger sinnvoll verbrannt worden. Die restlichen 79 % der Kunststoffe wurden auf Müllhalden deponiert bzw. einfach in der Umwelt ausgebracht. Jedes Jahr gelangen geschätzte 20 Millionen Tonnen Plastik in unsere Ozeane. Und das ist ein riesiges Problem.

Trotzdem dürfen wir uns in Sachen Recycling erst einmal kurz auf die Schulter klopfen. Das funktioniert im Großen und Ganzen in Europa ganz gut. Deutschland ist hier, besonders bei Kunststoffen, Vorreiter. Aber auch in Österreich müssen wir uns nicht schämen. Die EU hat beschlossen bis 2020 gar keine Plastikabfälle mehr in der Umwelt zu deponieren. Sehr gut! Aber immer noch werden knapp mehr als die Hälfte verbrannt, auch in Deutschland und Österreich.

Wir brauchen also Forschung, um Alternativen zu finden, die sich besser recyceln lassen. Denn Plastik aus dem Haushaltsmüll ist oft nicht sinnvoll recyclebar. Zumindest nicht mit den Verfahren die uns bekannt sind. Und dasselbe gilt auch für ungemein viele andere Rohstoffe und Wertstoffe. Wir haben hier nur das Beispiel Plastik beleuchtet, unter anderem weil es jeder kennt. Aber vom Prinzip her gelten ähnliche Überlegungen auch für so gut wie jeden anderen Wertstoff. Wir brauchen also alternative Recyclingverfahren sowie innovative Werkstoffe und Produktionsverfahren. Wir müssen Standards etablieren, die Hersteller dazu motivieren Produkte von Haus aus für den langfristigen Gebrauch zu designen. Und diese Absichten müssen wir mit politischem Gewicht versehen. Wir alle müssen also politisch sagen: Ja, dafür nehmen wir Geld in die Hand. Wir investieren in den Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Als kleines Schmankerl nebenbei: Wer Kunststoffe und beispielsweise seltene Erden aus Produkten wiederverwertet, ist weniger vom Import aus dem Ausland abhängig.

Zusammenfassung

Wirtschaft und Klimawandel ist ein wirklich schwieriges und komplexes Themengebiet. Die Herausforderungen sind sehr groß, und die Zeit zu handeln knapp. Eine einzelne Maßnahme wird nicht genügen um die Kurve zu kriegen. Wir müssen alle zusammen anpacken und mehrere sinnvolle Maßnahmen setzen.

Erstens, die CO2 Steuer in Österreich so schnell wie möglich einführen – und im Gegenzug den Faktor Arbeit steuerlich entlasten.

Zweitens, Recycling- und innovative Produktionsverfahren fördern. Abfallvermeidung und Recycling müssen sich finanziell lohnen und gestützt werden.

Drittens, müssen wir alle im Rahmen unserer Möglichkeiten als Konsument_innen, Unternehmer_innen und Bürger_innen die persönliche Verantwortung tragen und kluge Entscheidungen treffen.